Die rostbraunen Federränder und die untere breitere Maserung deuten auf einen  Sperber-Jungvogel hin,  ein Männchen,  mit geschlagenem Haussperlingsmännchen

 

Foto: Uwe Langrock

 

 

 

Der Sperber (Accipiter nisus)

 

Der sehr flinke Vogel nutzt auf seinem Beuteflug jede mögliche Deckung, ist im Terrain daher schwer auszumachen: außerdem ist er ein Einzelgänger. Dieser Greifvogel ähnelt seinem nahen Verwandten, dem Habicht, Vogel des Jahres 2015. Der Sperber ist etwas kleiner. Nur das größere Weibchen nähert sich mit einem Maximalgewicht von 320 g fast dem Volumen eines Habichts, es erreicht etwa Ringeltauben-, das Männchen Türkentaubengröße. Das Nahrungsspektrum sind Vögel bis fast zu seiner Größe. Ein sehr kräftiges Sperberweibchen kann schon einmal eine Ringeltaube erfolgreich schlagen. Sonst sind es hauptsächlich Kleinvögel wie Finken, Meisen und Amseln, die im Überraschungseffekt das Nachsehen haben.

 

In den sehr schwierigen 40er Jahren hielten sehr viele Menschen Geflügel, das regelmäßige Futterangebot in offenen Einfriedigungen war ein Eldorado für viele Spatzen, es gab diese Körnerfresser in wahrem Überfluss! Gesättigt saßen sie in Gruppen auf höherer Warte, den oberen Zweigen einer naheliegenden hohen Hecke. So konnten sie sich scheinbar gut nach Greifen über das dahinter liegende weite übersichtliche Feld absichern. - Der Sperber aber kam aus dem Hintergrund durch den Garten herangeflogen. Zwischen den Baumkronen hindurch längs der Hauswand schoss er in Sekundenbruchteilen vorbei, stieg hoch, breitete bremsend die Flügel aus, schlug erfolgreich zu und war sekundenschnell mit einem Spatz in den Fängen schon weit über dem Feld, als alle es registriert hatten. Im fernen dicken Geäst einer großen Silberpappel begann er mit dem Verspeisen.

 

Das laute Schilpen war spontan erloschen, still flatterten die Sperlinge fort von diesem Todesort. Nach zwei Tagen fanden sie sich wieder ein, viel zu verlockend war das Futterangebot! – Und der Sperber weiß es auch! Im Hinblick auf Beutestrategie koordinierte er entsprechend tageweise seine Nahrungsreviere!

 

Hochintelligent ist seine Jagdmethode, wie eine weitere Beobachtung zeigt:

 

Gleich einige Rauchschwalbenfamilien trainieren im Spätsommer für den langen Flug nach Afrika, segeln in großem Trupp gegen den Sommerwind in 30 m Höhe durcheinander. Schwarmverhalten bietet Sicherheit, da ein Greif ein Beutetier in der größeren durcheinander wirbelnden Anzahl schwieriger anvisieren kann. So stößt plötzlich auch hier ein Sperber ins Leere. Alle Schwalben stoben auseinander, der Himmel ist wie leergefegt. Sie kreisen im Schutze der Baumkronen. Der Jäger zieht nach Süden über das naheliegende Dach davon - so scheint es! Von allen Flüchtlingen steigen nur zwei junge Schwalben rasch wieder auf, um das Segeln gegen den warmen Wind weiter zu erproben. Dabei behalten sie die eigentliche Gefahrenrichtung nach Süden immer im Auge.

 

Der Sperber aber ist längst abgetaucht, zieht durch den nächsten Hausgarten im Bogen zu einem Graben, den er als langen Siel-Zug mit seiner Korridorfunktion bodennah nutzt. So kann er unbemerkt wieder zurückfliegen, zieht durch die hinteren Gärten einen großen Bogen, um hinter dem gegenüberliegenden Nachbarhaus aus der Tiefe pfeilschnell hochzuschießen. Für eine der beiden Schwalben ist es ein toter Winkel. Sie merkt es viel zu spät, als er direkt neben ihr auftaucht, quasi andockt, seine Krallen seitlich ausfährt, um sie aus der Luft zu pflücken. Dann ist er schon mit ihr fort, um sie an stillem Platz zu rupfen und zu verspeisen.

 

Die Balzzeit beginnt schon im Winter. Später baut er in einem Baum das Nest. Aus den 4 – 6 gelegten Eiern schlüpfen nach 36 Tagen die Jungen. Die Nestlinge werden nach etwa 30 Tagen flügge. Es ist eine lange Zeit, zumal die Witterung den Jungen mit Infektionskrankheiten und Parasiten gefährlich zusetzen kann. Weitere Feinde sind Uhu, Habicht, Marder, Krähen und wie meistens, leider auch lange Zeit der Mensch.

 

So wurde er ab Mitte des 19 Jahrhunderts als Niederwildschädling stark verfolgt und dezimiert.

 

Weitere intensive Bestandsrückgänge ergaben sich über die Nahrungsketten, als verbreitet in der Landwirtschaft Insektizide, vor allem das längst verbotene DDT mit seiner extremen Langzeit-wirkung eingesetzt worden waren. Die Giftstoffe führen zu dünnschaligen Eiern, die beim Brutgeschäft leicht zertreten werden.

 

Bekannt ist, dass Pestizide in geschlossenen Ortschaften in der Summe immer geringer ausgebracht werden, so dass sich in eingeschränkter Weise vor allem in den grünen Städten und Dörfern ein gewisser Vogelbestand halten kann. Er scheint sich über Zufütterung stabil zu halten. Dies besondere Nahrungsdichte ließ den Sperber auch in unserem Kreise zu einem Kulturfolger werden; er ist in fast allen Ortschaften mit wenigen Brutpaaren regelmäßig zu finden.

 

Seine Lebenserwartung beträgt 15 Jahre, einige Tiere werden sicherlich wesentlich älter.

 

In Deutschland ist er Standvogel. Er verlässt die kälteren Regionen gänzlich. Dabei handelt es sich um einen nördlicheren breiten Streifen von Schweden über Russland bis weit nach Asien hinein. Viele von ihnen überwintern längs des Nils in Ägypten.

 

Wenn spezifisches Nahrungsangebot in Skandinavien verzehrt ist, verlassen viele Früchte und Samen fressende Vogelarten das Land. Der Sperber begleitet seine Beutetiere wie Wacholder- und Rotdrosseln auf ihrem Zug nach Süden. Jetzt können wir ihn regelmäßig als pfeilschnellen Jäger am Futterhaus beobachten.

 

Der Vogelbestand nimmt generell immer weiter ab, somit auch die Anzahl der Beutegreifer! Klar, dass wir den Sperber auf der Roten Liste finden, seine weitere Existenz scheint zunehmend gefährdet zu sein! Trotzdem besteht berechtigte Hoffnung, dass er sich lokal bei stabilem Beutespektrum in kleinen Beständen halten wird.

 

Außer dem Habicht ist noch als naher Verwandter der gesellige Kurzfang-Sperber zu nennen. Er überwintert in Ostafrika. Er besiedelt während der Brutsaison die tieferen, trocknen Lagen Südosteuropas. Der Sperber weicht in die etwas kühleren höheren Regionen aus.

 

 

Uwe Langrock